Fahrzeugprojekt: DüWag GT8SU-SP Nr. 3101 - Baujahr 1975
Letzte Aktualisierung: 26.11.2024
Über diesen Blog
Auf dieser Seite möchten wir Informationen und Einblicke in und über das Aufarbeitungsprojekt "GT8SU Speisewagen 3101", mit Ihnen teilen.
» direkt zum aktuellsten Eintrag springen
Geschichte
↓ Klicken Sie hier um die ausführlichere Vorgeschichte aufzuklappen. ↓
Wir schreiben das Jahr 1924. Auf einen Vorschlag von Max Schwab, er ist Direktor der Rheinischen Bahngesellschaft, wird in einen der neu zu beschaffenden Beiwagen für die Linie „A“ nach Krefeld ein Speisewagenabteil eingebaut. Ein außergewöhnlicher und mutiger Vorschlag, hatte man damals doch keinerlei Idee, wie die Fahrgäste auf diese Neuerung hin reagieren würden. Doch das Angebot wurde schnell so gut angenommen, dass noch vier weitere Wagen mit Speisewagenabteil hinzugeordert wurden. Damals übernahm der „Breidenbacher Hof“ die Bewirtung der Fahrzeuge.
Der Speisewagenbetrieb auf der Krefelder Strecke florierte bis zum zweiten Weltkrieg, als Kriegsverluste und Rationierung die Aufrechterhaltung des Angebots unmöglich machten. Nach dem zweiten Weltkrieg, im Jahr 1948, wurde nicht nur der Betrieb auf der Krefelder Strecke, inzwischen Linie „K“, wieder aufgenommen, auch auf der Strecke nach Duisburg, der Linie „D“ kamen fortan Speisewagen zum Einsatz.
Der Speisewagenbetrieb der Krefelder Strecke endete 1963 abrupt, als der Pächter aufgrund mangelnder Rentabilität den Betrieb einstellte. Die Wagen verkehrten nun ohne Bewirtung. Die Duisburger Strecke war bis 1989 als Speisewagenstrecke bewirtschaftet, erhielt 1975 sogar nochmals eine Lieferung eigens mit Speisewagenabteil ausgestatteter, hochmoderner Gelenkzüge. Die Rheinbahn wagte im Jahr 1989 einen neuen Anlauf mit dem „RheinbahnBistro“ auf der Krefelder Strecke, nachdem 1988 besonders ausgerüstete Stadtbahnwagen des Typs B80D noch ausgeliefert worden waren.
Schließlich endete der Speisewagenbetrieb der Rheinbahn am 23.12.2014 aus verschiedenen Gründen und wurde seitdem nicht wieder aufgenommen. Wie besonders ein solcher Service an Bord einer Straßenbahn, respektive Stadtbahn, ist zeigte aber der Umstand, dass die Rheinbahn über 65 Jahre europaweit der einzige Betreiber von Speisewagen im Straßenbahnbetrieb war.
Ein besonderes Kapitel dieses Betriebs stellen natürlich auch die Fahrzeuge dar. Beginnend mit der Erstausstattung eines Beiwagens im Jahr 1924 wurden immer wieder besondere Bestellungen speziell ausgestatteter Bei- bzw. Triebwagen ausgelöst. So ist Beispielsweise der im Jahre 1960 für die Linie „D“ ausgelieferte Triebwagen 2498 bis heute erhalten und bewirtschaftet seit 1997 wieder als beliebtestes Fahrzeug und Speisewagen den Oldtimerbetrieb der Rheinbahn.
Im Jahr 1975 lieferte die Düsseldorfer Waggonfabrik („DÜWAG“) noch ein weiteres Mal Speisewagen speziell für die Linie „D“ (heute: U79) aus. Vier Triebwagen des Typs „GT8S“ waren eigens mit Speiseabteil ausgerüstet worden und nahmen zügig ihren Betrieb zwischen Düsseldorf und Duisburg auf. Mehr als einmal schaffte es ein solcher Wagen sogar in einen Schimanski-Tatort. Mit der Einstellung des Speisewagenbetriebs auf der inzwischen „U79“ genannten Linie „D“ wurden die Fahrzeuge mit den Nummern 3101-3104 ihres Speiseabteils beraubt und fortan als gewöhnliche Stadtbahnfahrzeuge im Netz der Rheinbahn eingesetzt. Bereits im Jahr 2000 wurden die nur 25-Jahre alten Fahrzeuge abgestellt. Die fehlende Tür im Mittelteil, dort wo damals das Speiseabteil war, behinderte den Fahrgastfluss im immer emsiger werdenden Düsseldorf zunehmend. Drei Fahrzeuge wurden verschrottet, eines wurde als Übungsobjekt an die damalige Landesfeuerwehrschule in Münster abgegeben. (Heute: Institut der Feuerwehr Nordrhein-Westfalen, kurz: IdF NRW). Es trägt die Fahrzeugnummer 3101.
Das Jahr 2013
Das erste mal besuchten wir als Verein den Wagen bei der Feuerwehrschule im Juli 2013. Wir waren vom guten Zustand des Fahrzeugs sehr positiv überrascht, denn erwartet hatten wir viel schlimmere Rostbildung und größere Beschädigungen beim aktivem Übungsbetrieb. Es sollte vorerst bei diesem Besuch bleiben, doch die Idee und der Wunsch, den Wagen zurück nach Düsseldorf zu holen und ihm neues Leben einzuhauchen, war geboren.
Das Jahr 2016
Im Januar 2016 haben wir 3101 ein weiteres mal besucht, aber keinesfalls zur Abholung. Wir brauchten für unseren GT8SU 3206 eine Heizungsabdeckung, die es nicht als Ersatzteil gab. Als einziges Spenderfahrzeug kam daher Triebwagen 3101 in Frage. Das IdF stimmte der "Organspende" dankenswerterweise zu und somit trug auch 3101 ein kleines Stückchen zur Fertigstellung von 3206 bei.
Das Jahr 2018
Der schlechter werdende Zustand des Wagens forderte langsam aber sicher eine Entscheidung. Wenn das Fahrzeug nach Düsseldorf zurückkommen soll, müsste es bald geschehen. Nur, wie stellt man das denn an?
In einem ersten Gespräch mit dem IdF haben wir Interessenslage vor Ort sondiert. Grundsätzlich erfordert es erstmal ein ein adequates Ersatzfahrzeug. Dem IdF ist es wichtig, dass der Übungsbetrieb ununterbrochen weitergehen kann. An welchem Fahrzeug ist das erstmal nicht so wichtig. Also ging es auf die Suche.
Fündig wurden wir in Hannover, dort wurden gerade in größeren Stückzahlen TW6000 ausgemustert. Die Fahrzeugmaße passen in etwa und die Üstra war einverstanden, ein Fahrzeug zu einem sehr fairen Preis abzugeben. Prima!
Am 11.10.2018 waren dann endlich alle Weichen gestellt. Das Tauschfahrzeug war organisiert, es musste nur noch ein Termin gefunden werden.
Das Jahr 2019
Anfang des Jahres war es endlich soweit, nach 18 Jahren im Exil konnte Triebwagen 3101 seine Rückreise nach Düsseldorf antreten. In aller Frühe starteten wir am 08.01.2019 also in Düsseldorf, damit wir pünktlich um 06:00 Uhr in Münster beim Institut der Feuerwehr sein können. Etwas problematisch war, dass sich der Abholtermin aufgrund fehlender Genehmigungen so verschoben hatte, das nun das Übungsgelände eigentlich in Betrieb war und wir den Tausch der Fahrzeuge gar nicht hätten durchführen können. An dieser Stelle danken wir dem IdF nochmal ganz herzlich, dass hier so flexibel reagiert wurde und der Übungsplan kurzerhand so umgestrickt wurde, dass der Tausch durchgeführt werden konnte.
Aufgrund der beengten Platzverhältnisse auf dem Gelände des IdF, es existiert lediglich ein Gleis mit einer für den Tieflader nutzbaren Länge von knapp 75 Metern, war es erforderlich nach dem Abladen des Hannoveraners 6112 ebendiesen umzusetzen, um den 3101 aufladen zu können. Daher wurde die Rampe des Tiefladers abgebaut, der Tieflader zur Seite gefahren und der Hannoveraner Wagen mit dem Unimog und entsprechenden Übergangskupplungen den "Berg" hochgezogen. Im Anschluss wurde unser 3101 vorgezogen und der Tieflader hat sich anschließend davor gesetzt, damit er rückwärts aus dem Gelände herausfahren kann. Vorwärts würde nicht passen.
Hier geht es zu unserem Bericht des Transports.
Nachdem in den folgenden beiden Tagen natürlich etwas Erholung sowie der Transport des Sprengwagens 5151 noch anstand ging es direkt am 12.01.2019 an das Fahrzeug. Wir wollten natürlich vordringlich wissen, ob der technische Zustand der Niederspannungsverkabelung so gut ist, wie wir angenommen hatten. Ratzfatz wurde der Wagen also in die Betriebswerkstatt geschleppt, an fahren war natürlich nicht zu denken, und zunächst gründlichst inspiziert. So haben wir insbesondere die Trittstufenkästen als große Fehlerquellen identifiziert. Im Anschluss konnten wir tatsächlich die Wagenbatterie nach nur wenigen Stunden zuschalten.
In den folgenden Monaten wurden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Aufarbeitung organisatorisch einfacher zu gestalten. So haben wir zunächst die völlig unbrauchbaren Kupplungen ausgetauscht und die elektrischen Kontakte aufgearbeitet. Im Anschluss konnten wir mit einer Hilfsschaltung im 3101 ebendiesen dazu bringen, den 3206 zu steuern. Dies erleichtert die Rangierarbeiten erheblich. Ebenfalls haben wir begonnen das großflächige Graffiti frühzeitig abzuschleifen, da wir kein Werbeträger für diese Art von Vandalismus sein wollten.
Die anschließenden Arbeiten konzentrierten sich voll und ganz auf das Dach und die Schaltwerke unter dem Wagen. Der Dachaufbau war völlig verrottet und konnte nur noch so wie er war "in die Tonne getreten werden". So haben wir das Dach vollständig abgetragen, abgeschliffen und anschließend mit Rostschutzgrund neu lackiert. Darauf folgten dann zwei Schichten Farbe und anschließend wurden die zwischenzeitlich gesandstrahlten und neu lackierten Träger für die Dachkonstruktion wieder montiert. Allerdings haben wir in der Zeit auch Triebwagen 3206 insofern fertiggestellt, sodass dieser im September 2019 seine erste öffentliche Fahrt mit Fahrgästen absolvieren konnte.
Leider konnte für den Wagen kein vollständig neuer Holzaufbau für die Kabelverlegung angefertigt werden. Allerdings konnte vom verschrotteten GT8SU 3222 rechtzeitig und in weiser Voraussicht der komplette Dachaufbau entnommen und eingelagert werden. Dieser wurde zur Modernisierung 2013 überholt und befand sich in einem hinreichend gutem Zustand.
Sicherlich werden Sie sich bei den folgenden Bildern fragen, warum wir die rostige Dachkante noch nicht entfernt haben. Es handelt sich dabei um die Schwallwasserregenkante, welche wir erst in einem späteren Schritt erneuern werden. Zunächst war es wichtiger die Dachfläche vorzuziehen, sodass wir mit dem Wagen mobil werden können. Die Regenkante kann davon unabhängig betrachtet werden.
Das Jahr 2020
Januar 2020 - die nächsten Lebenszeichen
Bisher war es bei der elektrischen Aufarbeitung der Niederspannungskomponenten immer ein Hindernis, dass der Wagen sich nicht selber mit Ladestrom für die 24V-Batterien versorgen konnte. Zwar war der Umformer von uns zwischenzeitlich erneuert und neu verkabelt worden, allerdings fehlte noch die Zuleitung zu ebendiesen vom Dach aus. Die Vorbereitungen dazu hatten wir im Dezember 2019 abgeschlossen, sodass wir nun die erforderlichen Messungen und die anschließende Inbetriebnahme des Umformers in Angriff nehmen konnten.
März 2020 - Verkabeln bis der Arzt kommt
Die komplette Neuverkabelung des 750V Fahrstromkreises ist eine nervenzehrende und langfristige Aufgabe. Es geht nur sehr langsam voran und die arbeiten sind mühsam. Trotzdem sind nun auf dem Dach alle Leitungen bereits verlegt (nicht angeschlossen!) und auch in den Schaltwerken ist alles vorbereitet. Doch dann kam die Corona-Zwangspause...